„Aus Berufung nah am Menschen“ lautet eine der Kernbotschaften für die Tätigkeit der Senioren-Assistenten. Doch wie weit kann und darf diese Nähe gehen, ohne Grenzen zu überschreiten?
Berührung ist eine wichtige Komponente im sozialen Miteinander. Das beginnt schon mit dem Handschlag bei einer Begrüßung. Über diese vermeintlich einfache Geste werden viele Signale unter den
Akteuren ausgetauscht. Wie der „richtige“ Händedruck in unterschiedlichen Situationen angemessen zu vollziehen ist, darüber wurden sogar schon Studien und wissenschaftliche Abhandlungen
geschrieben. Zum Beispiel, ob und wann die zweiten Hand bei einer herzlichen Begrüßung die Hand des Gegenübers ergreifen darf oder wie fest ein Händedruck bei welcher Gelegenheit sein
sollte.
Viele der betreuten Seniorinnen und Senioren genießen und erleben allein schon diesen Begrüßungsmoment als wichtiges Ritual. Je länger (und somit vertrauter) eine persönliche Beziehung ist, desto
leichter fällt es, diesen Augenblick richtig und adäquat zu gestalten. Doch auch beim weiteren Miteinander, insbesondere dann, wenn Trost oder Zuversicht zu spenden sind, ist eine der Person und
der Situation angemessene zusätzliche Berührung, zum Beispiel ein Streicheln der Hand, außerordentlich hilfreich. Oder im Gespräch einfach die Hand zu halten.
Doch wann sind die Grenzen – auch der eigenen Professionalität – erreicht? Wenn Senioren, die allein leben, unvermittelt den Wunsch äußern: „Ich möchte auch mal wieder in den Arm genommen werden“
– wie verhalte ich mich dann?
Nun: Auch das herzliche In-den-Arm-nehmen kann mit dem richtigen gegenseitigen Verständnis für die Situation und der handelnden Personen wohltuend sein und gelingen. Doch hörte ich vereinzelt
schon von Berufskolleginnen, wie schnell eine solche Geste missverstanden werden kann, indem von ihnen sogleich noch mehr „Nähe“ eingefordert wird oder sie daraufhin sogar bedrängt werden.
Dass Nähe und Berührung über den gesellschaftlich-sozial akzeptierten Rahmen hinaus auch im Alter eine Rolle spielen und für viele Senioren weiterhin ein menschliches Grundbedürfnis sind, darüber
sprach ich kürzlich mit Gabriele Paulsen am Rande einer Fachveranstaltung in Hamburg. Sie hatte dort einen hoch interessanten Vortrag zum Thema „Gesundheit durch Nähe – Erotik und Demenz“
gehalten. Mit ihren speziell auf diesen Bereich professionell vorbereiteten Damen und Herren der Nessita können auch diese Sehnsüchte ehrbar, respektvoll und diskret erfüllt werden.