Seniorenbetreuung: „Endlich!“

Senior (im Rollstuhl) und Senioren-Assistent machen einen Spaziergang.

Herr Dr. M. ist aufgrund seiner weit fortgeschrittenen Erkrankung an Multipler Sklerose vollständig auf Unterstützung angewiesen. Mit Hilfe seiner Ehefrau, einem ambulanten Pflegedienst sowie durch im Haushalt angestellte Pflegekräfte aus Polen, die sich turnusmäßig abwechseln, ist ein großartiges Betreuungs-Setting gelungen.

Ich lernte Herrn Dr. M. kennen, als seine Frau zur Erholung in den Urlaub fahren wollte. Im Rahmen dieser „Verhinderungspflege“ lernten wir uns intensiv kennen und schätzen. Denn Herr Dr. M. steht – völlig unabhängig von seinen körperlichen Einschränkungen– mitten im Leben und ist an Politik, Geschichte, Naturwissenschaften und dem aktuellen Zeitgeschehen brennend interessiert. Durch Zeitungslektüre, Nachrichtensendungen und Reportagen in Rundfunk und Fernsehen hält er sich permanent bestens informiert. Doch das reicht nicht: Herr Dr. M. will sich über all das auch adäquat austauschen können!

 

Das Problem: Der Pflegedienst verrichtet seine Aufgaben und ist danach wieder verschwunden. Die polnischen Pflegekräfte können sich nicht auf Deutsch mit ihm unterhalten, die Verständigung erfolgt – meist auf das Notwendige beschränkt – in leidlich gesprochenem Englisch.

 

So kam es, dass ich eines Tages wieder einmal ins Haus kam, um der Ehefrau einige Stunden Freiraum und Entlastung zu verschaffen. Als ich das Wohnzimmer betrat, in dem sich Herr Dr. M. tagsüber aufhält, rief er mir laut entgegen: „Endlich!“

 

Ich wusste nicht recht, was ich davon halten sollte, denn ich war doch deutlich vor der vereinbarten Zeit vor Ort? Und während ich noch verunsichert auf meine Uhr schaute, setzte er hinterher: „Endlich kann ich mich mal wieder vernünftig und auf Deutsch mit jemandem unterhalten! “Mir fiel ein Stein vom Herzen und wir lachten herzlich. So verging auch dieser Vormittag – wie jeder Besuch – mit anspruchsvollen Gesprächen über Gott und die Welt.

 

Diese winzige Episode machte mir einmal mehr deutlich, welch enorme Bedeutung unsere intensive persönliche und professionelle Zuwendung im Gespräch für die Menschen hat. Und was es bedeutet, die „richtige“ Sprache zu sprechen.